Nr. 19 ist erschienen | Editorial

Die vorliegende Zeitung ist eine Einladung an uns alle gleichermaßen, eigene Sichtweisen und Ausdrucksweisen zu überdenken.

Da wir als nid-Team aus unterschiedlichen Ländern und Kulturen kommen und gemeinsam daran arbeiten, Ressentiments und Vorurteile abzubauen, haben wir in dieser Hinsicht natürlich die Weisheit mit Löffeln gefressen. Dachten wir.

Bis wir anfingen zu diskutieren. Zum Beispiel darüber, wie wir das Cover dieser Ausgabe gestalten wollen. Die ersten Gedanken gingen dahin, dunkle und helle Hautfarben aufs Titelbild zu bringen. Aber wollen wir wirklich immer Haut und Haare in den Vordergrund stellen? Bringt uns das wirklich weiter?

Dann entstand die Idee, das Cover komplett in Schwarz zu gestalten. Kein Schönreden, kein Lächeln. Ein krasses Schwarz. Aber dann ginge es ja schon wieder um Farbe, und zwar im negativen Sinne.

Weil es beim Thema Rassismus eher darum geht, den Menschen zu sehen, gibt es nun doch wieder ein Foto auf dem Cover, und zwar eines aus der deutschen Hauptstadt, die wir als nid-Team vor der Corona-Pandemie besuchen durften. Die Hauptstadt des Landes, in dem wir gerade alle leben, zu dem wir gehören.

Farbe haben wir trotzdem drin, und zwar Orange. Weil mit dieser Farbe auch andere wichtige Themen verbunden werden: Die Aktionen der Seebrücke. Der Tag gegen Gewalt an Frauen. Licht und Wärme. Also Alltägliches.

Die allermeisten aus dem nid-Team sind neu in Deutschland. Mit rassistischen Denkweisen haben viele bereits Erfahrungen gesammelt. Aber nicht nur in Deutschland. Und nicht nur gegen sich selbst gerichtet. Manchmal staunt man über die eigenen Bilder und Vorurteile im Kopf. Aber das Staunen und Stolpern hat oft ja auch eine erhellende Wirkung.

„Ich bin in einer Welt aufgewachsen, in der es normal war zu sagen, dass die Menschen aus einer bestimmten Stadt oder Region dumm sind“, sagt Issam Alnajm. „Ich selbst habe so etwas auch gesagt. Das einzige Mittel gegen solche Anfeindungen sind in meinen Augen die Menschenrechte: Wo die Menschenrechte ernst genommen werden, nicht nur auf dem Papier, gibt es weniger Rassismus.“

In einer Welt ohne Rassismus betrachten wir alle Menschen als gleichwertige Mitmenschen. Vom Aussehen schließen wir nicht auf eine bestimmte Herkunft. Denn wir leben in einer pluralen Welt, jeder Mensch kann überall aufgewachsen sein. Und sollten wir die Herkunft einer Person erfahren, so assoziieren wir damit keine bestimmten Fähigkeiten und Verhaltensweisen.

In einer Welt ohne Rassismus können wir uns überall zu Hause fühlen, denn es gibt kein Anderssein. Jedenfalls keines, das uns ausgrenzt aufgrund der Herkunft oder äußerlicher Merkmale. Alle gehören gleichwertig zur Gesellschaft und zur Menschheit dazu.

Bis dies so ist, müssen wir weiter träumen und darauf hoffen, dass möglichst viele diesen Traum haben. Wir können nur immer und immer wieder unser Handeln und unser Denken auf die Frage hin überprüfen, ob die Menschenrechte darin Beachtung finden. Dann sind wir vielleicht immer noch nicht perfekt, aber ein ganzes Stück weit weniger rassistisch.

Eine angenehme Lektüre wünschen
Ihre Dorte Huneke-Nollmann
& das nid-Team

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Hallo ihr Lieben – Deutschland wird dank der Migration immer bunter und vielfältiger. Dieses Rad kann niemand mehr zurückdrehen. Was ich vermisse, ist eine politische Stimme von Migranten in deutschen Parlamenten. Migrantenparteien gibt es in anderen Ländern bereits und nicht selten geben ihre Stimmen den Ausschlag.

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