Sicheren Boden unter die Füße bekommen. Körperlich, gedanklich und beruflich. An diesem Ziel arbeitet Laila Ammi, die ihr Heimatland kurz vor ihrem Schulabschluss verlassen musste, inzwischen seit mehreren Jahren, mit aller Kraft.
Von Laila Ammi
Seit ich meine Heimat Syrien verlassen habe, hatte ich ein Ziel vor Augen: Ich wollte mein Abitur machen und studieren. Rechtsanwältin wollte ich werden, oder Dolmetscherin. Das war mein Traum. Dafür musste ich in Deutschland allerdings zuerst meinen Realschulabschluss machen.
Ich wusste immer, dass ein langer Weg vor mir lag. Aber ich hatte keine Ahnung, dass ich so eine Erschöpfung fühlen würde wie im Sommer 2019, als ich den Realschulabschluss endlich geschafft hatte. Meine Lehrerin empfahl mir nach der Prüfung, eine Pause zu machen. Ich sollte neue Kraft tanken. Aber ich bin 23 Jahre alt. Ich möchte endlich weiterkommen!
Ich besuchte also die Oberstufe, um Abitur zu machen. „Mein Gott“, dachte ich jeden Tag. „Das ist nicht einfach!“ Elf Fächer standen auf meinem Stundenplan, natürlich alle auf Deutsch. Sogar meine muttersprachlichen Mitschülerinnen und Mitschüler begegneten vielen Schwierigkeiten. Trotzdem wollte ich es schaffen und verbrachte nach der Schule viele Stunden mit Lernen. Doch am Ende des Schuljahres war klar: Wegen Deutsch und Geschichte würde ich das Jahr wiederholen müssen. Ich verlor jede Hoffnung, mein Körper wurde krank. Hatte ich nicht genug gelernt? Was sollte ich tun?
Eine deutsche Freundin empfahl mir, die Schule zu wechseln, zu einem Berufskolleg zu gehen. Es fiel mir schwer, mich von meinem akademischen Traum zu verabschieden, aber ich folgte dem Rat meiner Freundin und mache nun an einem Berufskolleg eine Ausbildung zur kaufmännischen Assistentin mit dem Schwerpunkt Fremdsprachen. Hier ist meine Lebenserfahrung vielleicht sogar hilfreich: In meiner Heimat bin ich mit Kurdisch und Arabisch aufgewachsen, auf meiner Flucht habe ich in der Türkei Türkisch gelernt und in meiner neuen Heimat Deutschland wird mein Deutsch jeden Tag besser. In der Schule und von Freunden habe ich außerdem Englisch, Französisch und ein bisschen Spanisch gelernt. Ich habe in verschiedenen Ländern Arbeitserfahrungen gesammelt und vor allem habe ich eines: den Wunsch, mein neues Ziel zu erreichen.
Ich habe wieder die Hoffnung, dass ich auf einem guten Weg bin. Vielleicht führt dieser Weg mich sogar eines Tages dahin, Dolmetscherin zu werden. Auf jeden Fall bin ich sicher, dass ich die richtige Entscheidung getroffen habe.