Fremde in der Nacht, mondhell

Fremde in der Nacht, mondhell

Von Thamer Khale

Ich will nicht
dass Du die Unbestimmtheit in
Deinem Leben fühlst
die ich fühle.

Wohin mein Weg mich führt
ist unklar.

Ohne zurückzukehren
gehe ich jeden Moment weiter
zurück.

Ich will Dich schützen
vor mir selbst
und der Illusion, in der Du leben wirst.

Ich bin wie ein Traum
in einer kalten Winternacht
vom Mond verraten
der trotz allem seinen Weg
ins Leben findet.

Du bist jetzt alles für mich
bis zu einer gewissen Grenze.

Ich wurde nicht geschaffen
um zu lieben.

Ich bin wie ein gefälschter Tautropfen
der mit jedem Sonnenaufgang
jedem Sonnenuntergang
ferne Länder umarmt.

Versinke nicht in meinem
Meer der Trauer
es hat kein Ende.

Unser Weg ist wie der Ausdruck einer
Frau, die ihr einziges Kind verloren hat.

Alles deutet auf Abschied
obwohl keiner von uns
den Abschied will.

Eine Reise zwischen den
vier Jahreszeiten
ohne bestimmten Ort
wird uns nicht glücklich machen.

Deshalb –
lass uns Momente der Freude erleben
des lauten Lachens
ohne die Grenzen der Zeit zu sehen
die Gesetze des Stammes.
Ich bin ein Bild ohne Stimme
ohne Farbe und Identität.

Deshalb –
lass uns in der Nacht mit Blättern im Herbst
ein Bild malen
ohne die Regeln und Gesetze der Stämme und Clans
die in der Zeit brechen und ihre Bestimmung verlieren.

Ich fühle ein Schwirren in meinem Körper
wo kein Klopfen mehr zu hören war.
Dieses Herz schlägt aus unbekanntem Grund.

Als Fremde in einer
unbestimmten Nacht
haben wir uns getroffen.
Lass mich die Nacht fragen
den Mond
vielleicht die Sterne.
Wer bin ich?

Bin ich das Wesen
das dem Unbekannten zugeneigt ist
oder ein Träumer
der sich gegen das Hartnäckige betäubt?
Wir sind Fremde in dieser Nacht.

Thamer Khale arbeitete im Irak als Krankenpfleger. Foto: Wolfgang Wedel

Dieser Text erschien 2018 in der 12. Ausgabe der Zeitung „Neu in Deutschland“ (>>PDF).

Kontakt Thamer Khale: thamerkhalaf6@gmail.com

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