Wann gibt man sich in Deutschland die Hand? Wen umarmt man? Für Khaled Al Rifai (23) bleibt das bis heute ein Rätsel.
Von Khaled Al Rifai
Erst habe ich es nur bei anderen gesehen: dass sie sich zur Begrüßung oder beim Abschied in den Arm nehmen. Es ist ein schönes Zeichen der Verbundenheit.
In Syrien oder Libyen, wo ich aufgewachsen bin, wäre so etwas undenkbar. Vor allem zwischen Männern und Frauen. Einige sagen: „Die Christen umarmen sich gerne.“ Ich glaube aber, das hat wenig mit Religion zu tun. Auch nicht mit Liebe.
Ich wollte gerne einmal zu denen gehören, die umarmt werden. Aber wie? Darüber habe ich lange nachgedacht. Bis eine Frau, die ich zwei Wochen nicht gesehen hatte, mich – und andere Freunde – einfach umarmte. Seitdem wurde es normaler.
Die ersten Umarmungen habe ich mitgezählt. Bei zwölf hörte ich auf. Aber ich habe immer noch nicht verstanden, wann es richtig ist, sich zu umarmen, und wann man sich die Hand gibt. Meistens warte ich auf ein Zeichen der anderen.
Dieser Text erschien in der 3. Ausgabe der Bochumer Zeitung „Neu in Deutschland“ (3/2016 >>PDF).