In Deutschland Freundschaft schließen

Wenn Khaled Al Rifai (24) in Bochum Veranstaltungen besucht, trifft er meistens viele Menschen, die er kennt. Aber mit Deutschen richtige Freundschaften zu knüpfen, das will ihm noch nicht recht gelingen. Obwohl sein Deutsch so perfekt ist, dass er oft für einen Einheimischen gehalten wird.

Ob ich in Deutschland Freunde finden würde, darüber habe ich mir auf meinem Weg von Libyen hierher keine Gedanken gemacht. Ich ging wohl davon aus, dass ich Menschen treffen würde, einfach so, so wie ich bin, und mit einigen würde ich mich anfreunden. In meinen ersten Monaten in Deutschland hat das auch geklappt. Aber als ich von Ennepetal aus in eine neue Stadt zog (Bochum), wurde es schwieriger. Ich sprach schon recht gut Deutsch, ich fand meine Wege, auch ohne Hilfe. Aber Freunde fand ich so einfach nicht. Es gab immer wieder Menschen, die sehr freundlich zu mir waren, mir aufmerksam zuhörten, Fragen stellten, meine guten Deutschkenntnisse und mein Engagement lobten. Insbesondere im Zusammenhang mit Flüchtlingsinitiativen und interkulturellen Veranstaltungen. Im normalen Alltag war es schwieriger, an der Schule, bei der Arbeit. In der Rolle des Flüchtlings war ich gut aufgehoben, ich fühlte mich von vielen netten, hilfsbereiten Menschen umgeben. Aber das ist nicht das normale Leben, die Mehrheitsgesellschaft.

Ich habe noch nicht herausgefunden, welche Wege es gibt, um ganz alltäglich Freunde zu finden.
Dieses Thema beschäftigt mich nun schon eine ganze Weile und wenn ich Deutsche frage, was sie dazu denken, sagen sie: Das ist ganz normal. In Deutschland wachsen Freundschaften langsam. Die meisten haben zwei oder drei gute Freunde. Alles andere sind Bekanntschaften. Diese zwei oder drei Plätze, die offenbar bei jedem für gute Freundschaften zur Verfügung stehen, sind natürlich bei den meisten, die schon länger in dieser Stadt leben, schon belegt.
Eine deutsche Frau erzählte mir, sie habe drei Jahre gebraucht, bis sie so richtig in Bochum angekommen sei und richtige Freunde gefunden habe. Und das ganz ohne Sprachprobleme! Wie lange wird es bei mir dauern, bis ich freundschaftliche Wurzeln hier schlage?
Dieser Text erschien in der siebten Ausgabe der Zeitung „Neu in Deutschland“ (3/2017).

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