Ehrlich gesagt, war das zunächst für mich ein bisschen stressig: als Geflüchteter zwischen einer Menge deutscher Menschen in Anzügen und feinen Kleidern. Aber wir hatten Fragen vorbereitet, und ich freute mich darauf, mit Menschen zu sprechen, die wir normalerweise nicht so leicht treffen.
Noch bevor die Veranstaltung eröffnet war, zupfte meine Kollegin Dorte mich am Ärmel. Bei uns stand der Leiter des Jobcenters Wuppertal, Thomas Lenz. Ich wollte brennend gerne mit ihm sprechen! Ich wollte von ihm hören, was in der Vermittlung von Geflüchteten falsch läuft, welche Chancen wir hier haben. Will der deutsche Arbeitsmarkt uns überhaupt?
„Die Menschen müssen spüren, dass sie in Deutschland willkommen sind.“
Was dann geschah, war wie ein Wunder für uns. „Erst einmal möchte ich sagen: Ihr seid hier willkommen“, begann Lenz seine Antwort. „In diesem klaren Bekenntnis liegt, denke ich, ein ganz wesentlicher Schlüssel.
Die Menschen, die sich hier in den Arbeitsmarkt integrieren wollen, müssen spüren, dass sie in Deutschland willkommen sind.“ Ein weiterer Schlüssel zum Arbeitsmarkt sei natürlich die deutsche Sprache.
In Wuppertal leben derzeit etwa 9.000 Geflüchtete. „Es gibt einiges zu bewältigen, aber ich bin ganz sicher: In ein paar Jahren werden uns andere Städte, die weniger Geflüchtete aufgenommen haben, beneiden!
Fast jede Stadt hat doch heute das Problem, dass ihre Bewohner immer älter werden. In Wuppertal haben wir viele junge, motivierte Menschen dazu bekommen!“ Außerdem freut Lenz sich über die neuen syrischen Restaurants, die in den vergangenen Monaten in Wuppertal eröffnet haben. „Man spürt jetzt schon eine neue Bewegung in der Stadt.“
In Deutschland gibt es weniger arbeitslose Meister als Akademiker!
Dieses Gespräch mit Thomas Lenz hat mich sehr beeindruckt und mir große Hoffnung gegeben. Deshalb wollte ich vor allem darüber schreiben.
Später am Tag gestaltete ich mit anderen Geflüchteten einen Workshop zum Thema Flucht & Arbeit. Auch hier nahmen viele Menschen teil, die ein Interesse daran haben, Perspektiven für uns zu schaffen.
„Eine reale Chance ist da“, sagte uns auch Reiner Nolten, Hauptgeschäftsführer Westdeutscher Handwerkskammertag. „Aber es braucht Zeit.“ Zum Beispiel brauche es Zeit, um Menschen, die neu nach Deutschland kommen, den hohen Wert einer Ausbildung zu erklären. „Viele Menschen brechen eine Ausbildung ab, weil sie anderswo mit Hilfsarbeiten mehr Geld verdienen.“ Wer jedoch seine Ausbildung beendet, kann bis zum „Meister“ aufsteigen. Nolten betont: In Deutschland gibt es weniger arbeitslose Meister als Akademiker!
Text: Adulrahman Salah
In Wuppertal gründete das Jobcenter zusammen mit der Arbeitsagentur und dem städtischen Ressort Zuwanderung und Integration im Januar 2017 das „Haus der Integration“ als zentrale Anlaufstelle für alle Fragen von Geflüchteten – und Ehrenamtlichen.
Die alljährliche Sommerakademie der landeseigenen Gesellschaft für innovative Beschäftigungsförderung (G.I.B. NRW) ist ein offener Diskurs über Aufgaben und Perspektiven der Arbeitspolitik und als Ort für Austausch und Begegnung angelegt.
WANDEL UND WEGE
Die sechste G.I.B.-Sommerakademie im Juni in Bottrop trug den Titel „Den Wandel gestalten“. Am vielleicht heißesten Tag des Jahres trafen zahlreiche VertreterInnen aus Wirtschaft, Politik, Gewerkschaften, Wissenschaft und Gesellschaft zusammen. Im Fokus standen gesellschaftliche, strukturelle und technologische Veränderungen – und die herzliche Verabschiedung eines Geschäftsführers, der dieses Netzwerk in den vergangenen Jahren aufgebaut hat: Bernward Brink übergab die Geschäftsführung der G.I.B. an Stefan Pfeifer.
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