Die alltäglichen Geschichten, die wir uns in der nid-Redaktion erzählen, tragen meist lustige und traurige Elemente zugleich in sich.
Von Nahed Al Essa
Einmal lernte ich eine deutsche Frau kennen, die freundlicherweise anbot, meinem Sohn bei seinen Schulaufgaben zu unterstützen. Wunderbar! Bereits wenige Tage später erwarteten wir sie um drei Uhr bei uns zu Hause.
Um fünf vor drei war meine Wohnung blitzblank geputzt, ich hatte Blumen gekauft, gekocht, gebacken. Mein Herz pochte vor Freunde, die Kinder trugen ihre schönsten Kleider.
Um Punkt 15 Uhr klingelte das Telefon. Es war die nette deutsche Frau. „Hallo, guten Tag, wie geht es Ihnen….“ Zuerst dachte ich, sie hätte unser Haus nicht gefunden. „Wo sind Sie jetzt? Wie können wir helfen? Wir freuen uns auf Sie!“ Es dauerte mehrere Minuten, bis ich verstand: Wir waren gar nicht zu einem Besuch verabredet, sondern zu einem Telefonat!
Staunen, Enttäuschung, Lachen und Weinen purzelten in meinem Kopf durcheinander. Dass die Deutschen Termine lieben, hatte ich schon verstanden. Seit ich in Deutschland bin, besitze ich zum ersten Mal einen Terminkalender. Am Ende redete ich so lange auf sie ein, bis sie wenigstens kurz bei uns vorbeikam, um ihre Blumen abzuholen. Und wir verabredeten, unsere Termine in Zukunft klarer zu machen.
Dieser Beitrag erschien 2017 in der 7. Ausgabe der Zeitung „Neu in Deutschland“ >>nid Nr 7_2017_PDF
1 Kommentar
Kommentieren →Nahed kann wunderbare geschichten schreiben, man freut sich immer von ihr was zu lesen.