Hört das irgendwann auf?

Khaled Al Rifai (23) ist Auszubildender, Bochumer, sprachbegabt, medieninteressiert. Aber in den Augen vieler Menschen ist er vor allem eines: ein Geflüchteter.

Seit dem 4. Oktober 2016 ist mein Leben anders. Ich habe ein neues Ziel, eine neue Rolle in der Gesellschaft. Endlich habe ich meine Ausbildung zum Gesundheits- und Krankenpfleger angefangen – und besitze somit eine kleine Selbstständigkeit. Ich kann meine Miete selbst zahlen, meine Fahrtkosten. Ich muss nicht länger vom Steuergeld anderer Menschen leben. Das macht mich besonders glücklich.
Zwei Jahre lang habe ich mich geärgert, wenn über die geflüchteten Menschen geschimpft wurde, die von den Steuern anderer Menschen leben. Aus dieser Rolle wollte ich immer raus. Ich wollte arbeiten, mein Leben selbst leben.
Fast alle sagen, dass Integration am besten durch Arbeit gelingt. Dieses Ziel habe ich auch, ich möchte mich integrieren, dazu gehören. Ich möchte eine neue Rolle spielen, einen Freundeskreis haben, zu dem auch Deutsche gehören. Aber in Wirklichkeit bin ich in meiner alten Rolle geblieben.

Ich will nach vorne schauen

Einige behandeln mich, als sei ich erst gestern nach Deutschland gekommen. Als wohnte ich noch in einer Unterkunft. Als bestünde mein größtes Problem darin, fern meiner Heimat zu sein. Hört das irgendwann auf?
Dass ich mich über solche Begegnungen ärgere, mag dem einen oder anderen komisch erscheinen. Es war sehr hart, was ich erlebt habe. Aber ich will das überstehen. Ich will nach vorne schauen. Ich will nicht lebenslang in dieser Erinnerung verharren. Ich will leben, genau wie andere hier leben. Ich will aus der Rolle des Geflüchteten heraus.
Manchmal sieht es für mich so aus, dass es egal ist, was ich leiste und erreiche. Ich werde immer in die Rolle des armen, geflüchteten, hilfsbedürftigen Menschen hineingezogen. Ehrgeiz und Zielstrebigkeit schenkten mir bislang keine Freundschaften oder Liebe, sondern Bildung und Arbeit. Reicht das zum Glücklichsein?

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