Das gesamte Ensemble des Prinzregenttheaters war versammelt, als die preisgekrönte Leiterin Romy Schmidt am Donnerstag verkündete: „Das wird unsere letzte Spielzeit sein. Der Theaterverein Prinz Regent e. V. will nicht weiter mit mir zusammen arbeiten.“ 2018 soll der 3-Jahresvertrag enden. Warum?
Warum?
„Die Gründe sind für mich nicht nachvollziehbar“, sagt Romy Schmidt. „Mehr möchte ich dazu nicht sagen. Fragen Sie diejenigen, die Ihnen darauf Antwort geben können! Gehen Sie raus in die Welt und stellen Sie diese Fragen!“
PRT-Dramaturg Frank Weiß ergänzt: „Wir können nur feststellen, dass die Resonanz auf unsere Arbeit gut ist, die Zahlen stimmen, die Menschen arbeiten gerne mit uns.“
„Das ist ein Skandal“
„Wenn Romy geht, gehe ich auch!“, sagt Linus Ebener entschlossen. „Das ist ein Skandal!“ Der junge Schaupsieler war zuletzt in dem Stück „Angst essen Seele auf“ von Rainer Werner Fassbinder zu sehen. „Die Arbeit am PRT ist etwas ganz Besonderes! Man kann hier in Freiheit arbeiten, frei denken! Junge Leute kommen zu uns! Wir werden ästethisch immer interessanter!“
Clara Nielebock, die am PRT den Jugendclub JUNGE PRINZ*ESSINNEN leitet, sagt: „Ich bin an diesem Haus das erste Mal gefragt worden: ‚Was denkst Du, was sinnvoll ist zu machen?‘ Als Theaterpädagogin bekommt man sonst häufig enge Vorgaben, wenig Geld und kleine Räume. Das ist hier anders und deshalb etwas ganz Besonderes!“ – „Wir finden alle auch Wege woandershin“, sagt Frank Weiß. „Aber schön ist das nicht.“
„Diese Spielzeit wird nochmal gerockt!“
Fest entschlossen ist das Ensemble übrigens, die kommende Spielzeit mit ganzer Kraft anzugehen: „Wir sind voll da“, betont Romy Schmidt. „Unser Weg ist noch nicht zu Ende“, sagt Frank Weiß. „Diese Spielzeit wird nochmal gerockt! Wir gehen nicht leise. Wenn wir gehen müssen, dann gehen wir laut.“
Das Motto der neuen Spielzeit lautet „Wahrheit und Pflicht“. „Die Wahrheit ist in diesen Zeiten für uns alle immer weniger erkennbar, und es ist die Pflicht jedes Einzelnen, der Wahrheit auf den Grund zu gehen und damit bei sich selbst anzufangen“, so Romy Schmidt.
Das Geflücheten-Ensemble Grubengold plant ein drittes Stück. Hier werden übrigens noch Menschen mit Fluchterfahrung gesucht, die mitarbeiten möchten. Viele Mitglieder des bisherigen Ensembles sind mittlerweile in Arbeit, Studium oder Ausbildung und deshalb nicht mehr dabei. „Das finden wir sehr gut!“, so Romy Schmidt. „Sie gehen ihre eigenen Wege!“
Der Jugendclub des PRT beschäftigt sich mit dem Stück „Caligula“ von Albert Camus und damit mit dem Absurden, mit Macht und Revolte. In Anlehnung an ein anderes Stück von Albert Camus wird es in der neuen Spielzeit um den griechischen Mythos des Sisyphos gehen. „Camus hat geschrieben, dass wir uns Sisyphos als einen glücklichen Menschen vorstellen müssen. Das hat mir sehr zu denken gegeben“, so Romy Schmidt.
Am Ende ist es ein Satz von Romy Schmidt, der die Trauer und die Hoffnung des Ensembles zusammenfasst: „Wenn das hier endet, verlieren wir eine künstlerische Heimat.“
Das nid-Zeitungsteam schreibt diese Zeilen als Fan und solidarische Freundin des Prinzregenttheaters. Wir konnten in den vergangenen Monaten im PRT nachhaltig beeindruckende Theaterabende erleben und Gespräche mit SchauspielerInnen und TheatermacherInnen führen. Das PRT hat unsere Arbeit zudem an vielen Stellen unterstützt, Räume und Netzwerke zur Verfügung gestellt. Geflüchtete Menschen wurden als Bewohner dieser Stadt in das Theater eingebunden, mit offenen Türen empfangen. Wir schätzen und unterstützen die künstlerische Arbeit am PRT unter der offenen Leitung von Romy Schmidt.
„Ich war drei Mal im Prinzregenttheater“, sagt nid-Mitarbeiter Amir Ahmed Al Moha. „Die Stücke haben mir sehr gefallen, auch wenn ich nicht alles verstanden habe. Und jedes Mal waren alle Stühle besetzt.“
Einige Eindrücke des nid-Teams:
Die Schöne und das Biest (>>LINK)
Angst essen Seele auf (>>LINK)
Über das Ensemble Grubengold berichteten wir mehrfach in unserer gedruckten Ausgabe.