Die Vögel singen das Lied der ewigen Liebe

Von Hiba Nasab

Ein Gedicht über die Liebe, den Glauben und Traditionen

Die Vögel singen das Lied der ewigen Liebe
Während er sie behutsam fragt
Ob es ihr gut gehe
Ungläubig sucht sie seine Augen
Das hat er nicht gefragt, oder doch?

Ihr Körper erwidert die Frage mit einem Aufschrei
Der nur ein Zittern ist
So wie ihre Beziehung auf zitternden Beinen steht
Wie soll es ihr gut gehen?
Wie kann der Sterbende sich behütet fühlen, wenn ein Stich ins Herz ihn getroffen hat?

Ihr Hals fühlt sich an wie eine Wüste
Ihre Stimme stockt, die Tränen fließen
Im Schluchzen verlieren sich ihre Worte
Wie einen Unbekannten sieht sie ihn an
Es ist so still, dass ein Luftzug um sie herum zu hören ist
Die Vögel singen das Lied der ewigen Liebe.

Im fernen Wind rauscht der Abschied
Das Gelächter kleiner Mädchen ist zu hören
Sie tragen weiße Kleider, wie Bräute
Die nie etwas anderes als Freude in ihrem Leben gekannt haben.
Ein alter Mann, dem die Lasten der Jahre ins Gesicht gezeichnet sind
Sitzt auf einem Stuhl und beobachtet die beiden
Mit eigenen Erinnerungen in seinem Blick
Mit Entbehrung, Schmerz und Verlust in seinem Blick.

Alles in dem alten Mann schreit:
Junger Mann, sei nicht dumm, lass sie nicht gehen!
Wisch ihre Tränen fort, nimm sie in den Arm
Denn ohne Dein Herz hat sie kein Zuhause.

Das Herz des jungen Mannes bebt
Als hätte es die stumme Botschaft des alten Mannes vernommen
Der Mann, der doch immer stark war
Wankt, als er in ihre Augen voller Tränen blickt.
Die junge Frau sagt: Unsere Tage waren wie eine Sanduhr
Jedes Mal, wenn der Sand aufgebraucht war, haben wir uns beeilt, die Uhr wieder umzudrehen
Nun ist der Sand ein weiteres Mal aufgebraucht, mein Liebster
Und ich fürchte, wir wagen es nicht, die Uhr noch einmal zu drehen.

Beide sind voller Furcht.
Die Sandkörner, in denen sich die guten und die schlechten Zeiten vermengen
Dreh sie doch noch einmal um! bittet sie ihn. Lass sie nicht still stehen!
Sein Herz schreit ja, sein Kopf sagt nein
Zu verschieden sind die Familien dieser beiden jungen Menschen.
Er liebt sie
Sehr.

Die Stille zwischen den beiden schwillt an
Sie taumeln zwischen ihren Erinnerungen.
Mein kleines Mädchen, hat er sie genannt, um sie zu ärgern
Warum willst Du mich sehen? –
Weil ich Dich vermisse!
Er konnte diese Worte nicht oft genug von ihr hören.

Doch wie kamen sie in diese Sackgasse
Wenn sie den Weg dorthin so unbeschwert gegangen sind?
Er umarmt sie mit zitternder Hand, sie solle gut auf sich Acht geben
Das hat er nicht gesagt, oder doch?
Verständnislos sucht sie seine Augen
Er wendet sich ab und geht
Für immer
Ein Schmerz
Der durch Unterschiede im Glauben an denselben Gott verursacht wurde.

Warum zerbrechen die Menschen etwas so Schönes
Das aus Liebe entstanden ist?
Sie ist schön
Und er hat Angst.

Dieser Text erschien 2020 in der 18. Ausgabe von „nid – neu in deutschland“.

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