Ach, könnten wir zu Hause bleiben

Von Thamer Khale

Jedes Mal, wenn ich den Satz „Bleib zu Hause!“ höre, frage ich mich, über welches Zuhause die Leute eigentlich sprechen. Meinen sie das Haus, das ich mit meiner Familie vor sechs Jahren verlassen habe? Oder das Zelt, in dem wir zwei Jahre verbracht haben? Meinen sie unsere Mietswohnung in Dortmund, in der ich noch kaum eine ruhige Nacht verbracht habe? In der mich die Sorge um meinen kleinen Bruder mehrere Monate lang wachgehalten hat, als dieser noch im Irak war? Meinen sie unsere Wohnung, die ich so häufig verlasse, um viele Stunden arbeiten zu gehen, damit wir unsere Miete und unser Leben bezahlen können, und in der ich lerne, damit ich irgendwann wieder in meinem Beruf als Krankenpfleger arbeiten kann? So wie ich es im Irak mehrere Jahre getan habe. Oder meinen sie das Flüchtlingsheim, in dem ich mit meiner Familie zwei Jahre verbracht habe, zusammen mit vier weiteren Familien, in einem Raum?
Ach, könnten wir zu Hause bleiben – zu Hause, in meinem Zuhause, in dem ich aufgewachsen bin und das ich mein ganzes Leben lang nicht verlassen wollte.

3 Kommentare

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Der Text geht mir sehr zu Herzen. Dabei hat der Verfasser noch Glück gehabt – denke ich an all diejenigen, die in Lagern vegetieren oder ihr Leben auf der Flucht verloren haben! Wir könnten so vielen helfen – und tun es nicht…

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