Von Yassmin Murad (18)
Einmal saß ich an einer Bushaltestelle neben einer älteren Frau. Während wir auf den Bus warteten, schaute sie mich schweigend von der Seite an. Ich trug eine Jeans und T-Shirt, wie die meisten an meiner Schule, meine langen Haare fielen offen über meine Schultern. Plötzlich sagte die Frau zu mir: „Ich war auch schon einmal in einer Moschee.“
Ich denke, dass diese Frau etwas Nettes sagen wollte, sie wollte offenbar eine Verbindung herstellen. Trotzdem fand ich es kurios, dass sie aufgrund meines Äußeren selbstverständlich davon ausging, ich sei eine gläubige Muslima. Ich trage keine erkennbaren Zeichen, die fremde Menschen auf meine inneren Überzeugungen schließen lassen. Trotzdem bin ich in einer Schublade gelandet, und das fühlt sich meistens nicht so gut an.
Dieser Text erschien 2021 in der 19. Ausgabe der Zeitung „Neu in Deutschland“.