Den Traum von einem Studium an einer deutschen Universität träumt Rashed Alalej seit er 2015 in Deutschland angekommen ist. Erst musste er Geduld beweisen und die deutsche Sprache lernen. Das hat er geschafft.
Von Rashed Alalej, 23 Jahre
Seit diesem Herbst bin ich ein Schlumpf. Als „Schlümpfe“ werden in Syrien die „Erstis“ (Erstsemester) an einer Universität bezeichnet. Das klingt lustig, aber ich bin ganz ernsthaft stolz darauf, nun an einer Universität zu sein. Ich habe lange darauf gewartet. Seit ich in Deutschland bin, habe ich von dem Tag geträumt, an dem ich mein Studium beginne.
Ehrlich gesagt, war es ziemlich mühsam, dorthin zu kommen. Zwischendurch habe ich geglaubt, die deutsche Sprache würde meinen Traum platzen lassen. Die Sprachprüfungen sind schwer und an manchen Tagen schien mein Frust stärker zu sein als mein Traum. Als ich die Prüfungen geschafft hatte und mich bewerben konnte, bekam ich auf einmal sogar mehrere Zusagen von verschiedenen Universitäten. Ich habe mich für die Ruhr-Universität in meiner neuen Heimatstadt Bochum entschieden und studiere dort nun „Management und Economics“. Zum ersten Mal habe ich das Gefühl, dass ich in Deutschland dazu gehöre.
Am ersten Tag meines Studiums saß ich mit 500 anderen Studierenden zusammen in einem großen Hörsaal. Ein Dozent hat uns begrüßt und ermutigt. Das hat mir alles sehr gut gefallen. Wir haben wichtige Informationen zum Studium bekommen und ich konnte erste Kontakte zu anderen Studierenden knüpfen. Ich habe auch Medizinstudierende getroffen. Sie trugen interessanterweise gar keine weißen Kittel über ihren Armen. In Syrien haben Medizinstudierende immer weiße Kittel dabei, um zu zeigen, dass sie kleine Ärzte sind.
Dann wurden wir in Gruppen aufgeteilt, um uns untereinander besser kennenzulernen. In meiner Gruppe habe ich die anderen gefragt, ob sie in einer WG wohnen oder allein. Sie waren überrascht. „Junge, wir sind 18 Jahre alt! Wir wohnen bei unseren Eltern!“ Komisch, ich habe immer gedacht, in Deutschland würden alle so früh wie möglich zu Hause ausziehen. In Syrienwürde ich ganz sicher auch noch bei meinen Eltern leben. Aber in Deutschland lebe ich ohne meine Eltern, obwohl ich erst 23 Jahre alt und unverheiratet bin.
Interessant war an diesem Tag auch, dass eine Dozentin uns erklärte, dass bei den Pflichtmodulen jeder nur zwei Versuche hat. Wer beim zweiten Versuch die Prüfung nicht besteht, ist raus. Hmm, das heißt, wenn ich es beim zweiten Mal nicht schaffe, stehe ich wieder am Abgrund.
Ich hoffe sehr, dass ich mein Studium gut schaffen werde und wünsche allen Erstis und allen Schlümpfen eine gute Zeit.
Dieser Text erschien 2019 in der 16. Ausgabe der Zeitung „nid – neu in deutschland“. Sonderausgabe Kinder, Jugendliche, junge Erwachsene.