Schön, dass diese Tür offen ist
Von Renas Mohammad
In meiner Heimat Syrien sagen viele Menschen WIR und meinen damit eine Gruppe von Menschen, die eine Kultur und Religion teilen. Das war für mich ganz normal, weil jeder in unserem Land so eine Gruppe hat.
In Deutschland sage ich WIR und meine damit alle Menschen aus Syrien. Dabei kommen wir aus sehr unterschiedlichen Kulturen.
In meinen ersten Monaten in Deutschland habe ich mich sehr fremd gefühlt und viele schlechte Erfahrungen gemacht. Ich hatte das Gefühl, dass um mich herum alle Menschen in Gruppen leben. Alle sagten WIR, aber ich gehörte nicht dazu.
Und noch etwas ist mir in Deutschland aufgefallen: Ein guter Freund von mir in Bochum sagt immer „In Deutschland ist das soundso…“, wenn er mir etwas erklären will. Er sagt nicht: „WIR machen das in Deutschland so.“ Ich habe ihn gefragt, warum er das so sagt. Seine Erklärung: Um den Geflüchteten nicht das Gefühl zu geben, vor einem geschlossenen WIR zu stehen. Ich finde es toll, dass er sich diese Gedanken macht.
Natürlich müssen wir als Geflüchtete in Deutschland erst einmal einen Platz für uns in dieser Gesellschaft finden. Aber es ist schön zu wissen, dass diese Tür offen ist. Dass wir hoffentlich irgendwann zum WIR in diesem Land gehören.
Dieser Text erschien 2018 in der 11. Ausgabe der Zeitung „Neu in Deutschland“.