Was ich (nicht) gerne gefragt werde… (Teil 2)

Das Stichwort „Tabu“ (Schwerpunkt-Thema unser 10. Ausgabe) warf im nid-Team die Fragen auf, was wir persönlich gerne gefragt werden – und worüber wir lieber nicht sprechen möchten.

Welche Religion hast du? – Das werde ich nicht gerne gefragt. Warum ist das so wichtig?
Issam Al-Najm

Issam Al-Najm. Foto: Wolfgang Wedel

Was studierst du? – In Syrien war das eine gute Frage. Hier setzt mich die Frage unter Druck.
Rashed Alalej

In Deutschland habe ich mal eine Frau nach ihrem Alter gefragt. Wir saßen mit ein paar Freunden in einer Kneipe. „Die Frau antwortete: So etwas fragt man nicht!“ Kurz darauf drehte sie sich weg. Unser Gespräch war beendet. Ich wusste nicht, dass diese Frage so ein Tabu in der deutschen Gesellschaft ist.
Khaled Al Rifai

Warum bist du nicht verheiratet? – In Syrien wurde ich das ständig gefragt, in Deutschland zum Glück noch nicht. Warum mischen sich die Menschen in mein Leben ein?
Lamia Hassow

Ja, diese Frage ist überflüssig.
Issam Al-Najm

Ich mag diese Frage auch nicht. Ich habe meine bessere Hälfte eben noch nicht gefunden.
Omar Alnabulsi

Lamia Hassow. Foto: Wolfgang Wedel

Aus welchem Land kommst du? – Das ist so eine komplizierte Frage. Ich komme aus einem Land, das mit Waffen gebaut wurde und gerade mit Waffen zerstört wird. Soll das meine Heimat sein? Die ganze Welt ist meine Heimat!
Ciwan Mohemed

Was gibt‘s Neues? – Seit ich in Deutschland bin, mag ich diese Frage nicht. Es gibt nicht viel Neues. Noch schlimmer ist die Frage: Hast Du Arbeit gefunden?
Omar Alnabulsi

Was machen Sie? – Diese Frage höre ich im Jobcenter immer wieder. Sie wollen von mir hören: Oh, alles läuft sehr gut, ich habe meine Deutschprüfung bestanden und Arbeit gefunden… Leider müssen wir etwas anderes antworten und die Gesichter der Sachbearbeiter werden dunkler als unsere eigenen Hoffnungen…
Rashed Alalej

Warum bist du nach Deutschland geflohen? – Diese Frage finde ich unhöflich. Jeder weiß, dass es in meinem Land Krieg gibt. Ich höre darin immer auch eine andere Frage: Warum bist du nicht in Syrien geblieben? Weil ich gezwungen war, zu gehen.
Sami Omar

Omar Alnabulsi. Foto: Wolfgang Wedel

Warum trägst du kein Kopftuch? – Das wurde ich schon in Syrien immer gefragt. Ich dachte, in Deutschland denken die Menschen freier darüber. Wenn ich sage, dass ich Araberin bin, fragen die meisten Deutschen, warum ich kein Kopftuch trage. Sie haben offenbar ein festes Bild von der arabischen Frau, und da passe ich nicht rein.
Dima Halabi

Viele denken, wenn sie mich sehen, ich käme aus Italien. Wir führen ein fröhliches Gespräch. Wenn sich herausstellt, dass ich aus Syrien komme, geht es oft sofort um den Krieg und die Politik in Syrien. Ich habe meine Meinung dazu, aber darüber möchte ich nicht sprechen.
Omar Alnabulsi

Die Frage nach meiner Heimat mag ich auch nicht. Ich komme aus der kurdischen Region in Syrien. Ich sage: Ich komme aus Kurdistan. Ich sage das, weil ich Kurdin bin und die kurdische Herkunft in meinem Land immer eine Rolle gespielt hat. Aber das gefällt vielen Menschen nicht.
Lamia Hassow

Dieser Text erschien 2018 in der 10. Ausgabe der nid-Zeitung.
Teil 2 dieses Textes (>>LINK)

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